01.08.2016 Der schnellste Senior auf dem Globus

Dieter Höfel hält den Schwimm-Weltrekord der Über-70-Jährigen. Wenn der Konstanzer Dieter Höfel kein Mensch geworden wäre, dann mit Sicherheit ein Fisch, ein fliegender. Die beiden großen Hobby des 70-Jährigen sind Schwimmen und Reisen. Eine perfekte Kombination. „Ich war schon auf der ganzen Welt", sagt er, „und wenn ich unterwegs bin, dann muss auch immer Wasser in der Nähe sein." Die meiste Zeit allerdings ist auch der Sport die Hauptmotivation für seine Touren rund um den Globus. Dieter Höfel gehört zu den schnellsten Schwimmern über 50 und 100 Meter Brust in seiner Altersklasse – auf dem ganzen Globus. Über die kurze Distanz hält er seit März den Ü-70-Weltrekord in 36,86 Sekunden.

„Dabei bin ich trainingstechnisch eigentlich ein fauler Kerl", sagt Höfel und lacht. Mindestens zweimal die Woche, kurz vor Wettkämpfen bis zu viermal, steigt der Einzelkämpfer ins Becken, hinzu kommen Einheiten mit den Wasserballern des SK Sparta Konstanz. Dabei setzt er mehr auf Qualität als auf Quantität. „Brustschwimmen ist die schwierigste Disziplin. Weil es nicht flüssig ist, erfordert es viel Technik und Koordination mit den Beinen. So lege ich im Training großen Wert auf Technik. Das hat vielleicht den Vorteil, dass der Körper nicht so verschleißt", erklärt der Senioren-Leistungssportler, „auch wenn es irgendwo immer zwickt."


Das Zwicken ignoriert Dieter Höfel mit Erfolg – und für den Erfolg. Seit 1975 gehört er mit einer kurzen Unterbrechung zu den Top Drei im Senioren-Wettkampfsport, davor war der Konstanzer Wettkampfschwimmer und Wasserballer. Er startet über 50m und 100m Brust, bei den Deutschen Meisterschaften auch im Fünfkampf, bestehend aus 50m Brust, Rücken, Freistil, Delphin und 100m Lagen. „Da habe ich keine Gegner", sagt Seriensieger Höfel. Gerade wurde er in London Europameister über 50m und gewann mit dem Team des SV Cannstatt die deutsche Wasserball-Meisterschaft in zwei Altersklassen.


Seit 2004 ist der zweifache Vater und bald vierfache Großvater, hinzu kommen zwei Stiefkinder und vier Stiefenkel – für den Sport unterwegs. „Ich bezahle alles selbst, hatte aber den Vorteil, seit 1995 selbstständig zu sein, sodass ich meine Arbeitszeiten frei einteilen konnte", sagt Höfel, dessen Sohn Christoph bis zuletzt in Kreuzlingen Kapitän der Nationalliga-A-Wasserballer war, mit denen er Schweizer Meister wurde und im Europapokal spielte.


Auch wenn seine Frau selbst keinen Sport treibt und es „nur toleriert", wie Dieter Höfel es formuliert, er selbst kann sich ein Leben ohne Sport nicht vorstellen. „Sport muss ich treiben, sonst werde ich krank. Es ist auch ein Gewichtsproblem", sagt der Konstanzer, „es gibt schon Zeiten, wo ich mal eine Woche nicht im Wasser bin. Eine lange Pause halte ich aber gar nicht aus. " Dieter Höfels große Motivation, all die Mühen auf sich zu nehmen, sind aber auch der Erfolg, die Urkunden und Medaillen, „dass ich in meinem Alter noch in der Weltspitze mithalten kann. Wenn ich nur unter den ersten Zehn wäre, würde ich diese Strapazen mit dem ganzen Wettkampfstress nicht mehr auf mich nehmen", gibt er zu. Zeit zum Schwimmen wäre dann aber immer noch. Während der Urlaube. 

Senioren und Sport Seniorensport boomt. „Gerade im Schwimmen", sagt Dieter Höfel aus Konstanz. Bei seinen großen Wettkämpfen, wie Europa- oder Weltmeisterschaften, sind mittlerweile zwischen 5000 und 10000 Teilnehmer am Start, beinahe jedes Wochenende finden Veranstaltungen für Amateure statt. Doch warum treiben Senioren überhaupt Sport? Im Wesentlichen gibt es drei Hauptmotivationen: Die einen gehören zu den besten in ihren Disziplinen, andere sind schon ihr ganzes Leben lang Hobbysportler, und die dritten sind aus Gesundheitsgründen zum Sport gezwungen. Wir porträtieren drei dieser Sportlertypen: Schwimm-Weltrekordhalter Dieter Höfel aus Konstanz (71), Heinz Kucher (78) aus Meßkirch, der seit fast 60 Jahren bei Seeschwimmen und diversen anderen Volkswettkämpfen startet, sowie Erich Oßwald (63) aus Riedheim im Hegau, der nach der Diagnose Lungenfibrose zum Sport gezwungen wurde und nun sein neues Leben als unheilbar Kranker genießen gelernt hat. (fei)